WIEN (kap) / Papst Franziskus war "mehr als nur ein Übergangspapst" - er hat viele Reformen initiiert, die zwar erst langsam wirken, durch die jedoch "pastorale Fugen" in das "dogmatische Gefüge" der Kirche gesetzt wurden: Das hat der Salzburger Theologe Gregor Maria Hoff in einem Gastbeitrag am Mittwoch für das Portal "katholisch.at" betont, in dem er das Pontifikat des am 21. April verstorbenen Papstes und dessen theologische Schwerpunkte Revue passieren lässt.
Offenbar bestand der Wunsch der 2013 zum Konklave versammelten Kardinäle, "die katholische Kirche im 21. Jahrhundert als eine Weltkirche zu entwickeln" - eine Rolle, die man Jorge Mario Bergoglio, dem "charismatischen Dynamiker aus Buenos Aires", zutraute. Franziskus habe wichtige Schritte in diese Richtung gesetzt, erinnerte Hoff etwa an die angestoßene Kurienreform, die erst langsam zu wirken beginne: "Vor allem liegt die kirchliche Leitungsmacht weiterhin in allzu vielen Bereichen bei der römischen Zentrale. Dabei wollte Franziskus die Entscheidungskompetenz der Ortskirchen stärken."
Zudem machte Hoff bei Franziskus eine Scheu vor der Einsicht in die "systemische Dimension" des "katholischen Missbrauchskomplexes" aus. Letztlich habe er nicht wahrhaben wollen, wie tief die Krise wirklich reiche: "Dass es sich um die vielleicht schwerste Krise der katholischen Kirche seit der Reformation handelt, weil sie die Autorität des bischöflichen Amtes nachhaltig beschädigt - das mochte Franziskus gespürt, vielleicht gewusst haben. Gesagt hat er es nicht."
Ein Projekt von noch unabsehbarer Tragweite habe Franziskus schließlich mit dem Synodalen Prozess angestoßen - etwa im Blick auf die Rolle der Frauen in der Kirche oder die Zukunft des priesterlichen Amtes. "Dieser Papst war ein Öffner, kein Blockierer", so Hoff - auch wenn Franziskus "an den katholischen Markern vom Zölibat über das Verbot der Frauenordination bis hin zu sexualethischen Regulativen" letztlich festhielt. Auch die Genderthematik hielt er für "pure Ideologie" - "aber Achtung für jeden einzelnen Menschen in seiner Lebenssituation war für den Bergoglio-Papst jederzeit geboten."
Letztlich habe Franziskus durch seine Akzente "in das dogmatische Gefüge seiner Kirche (...) pastorale Fugen gesetzt". Dass diese Bruchstellen würden, die sich nicht mehr werden kitten lassen, habe er allerdings nicht geahnt, so Hoff: "Wenn in einer Ortskirche Homosexualität verdammt und in einer anderen Menschen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gesegnet werden, steht katholische Kircheneinheit auf dem Spiel. So sehr Kirche Pluralität verträgt - den internen Widerspruch in menschenrechtsbasierten Fragen hält sie auf Dauer nicht aus. Umso mehr kämpfte Franziskus für sein Synodalprojekt. Er wollte es unbedingt über die Ziellinie führen, auch wenn es ihm alles abverlangte. Das hat er geschafft. Die Umsetzung wird ein Nachfolger übernehmen müssen, den vermutlich Franziskus ins Kardinalskollegium berufen hat."